Indisches Springkraut – Bienenfreund, Heilpflanze oder Artenkiller?
Immer wenn ich am drüsigen Springkraut vorbeigehe, bleibe ich stehen.
Es summt und brummt – Bienen, Hummeln, Schwebfliegen.
Kaum eine Pflanze zieht im Spätsommer so viele Insekten an wie diese.
Und doch wird sie vielerorts bekämpft.
Was also ist das Indische Springkraut (Impatiens glandulifera) wirklich – eine Bedrohung oder ein unterschätztes Wundergewächs?
🌸 Herkunft und Geschichte des indischen Springkrauts
Das drüsige Springkraut stammt ursprünglich aus dem Himalaya, wo es in den feuchten Tälern Nepals, Indiens und Tibets wächst.
Im 19. Jahrhundert wurde es nach Europa gebracht – als Zierpflanze für Gärten und Parks.
Mit seinen auffälligen rosa bis purpurfarbenen Blüten, die an kleine Orchideen erinnern, erhielt es bald den Beinamen „Bauernorchidee“.
Was damals als hübscher Neuzugang galt, verbreitete sich schnell entlang von Flüssen und feuchten Wiesen. Heute gilt das drüsige Springkraut als Neophyt, also als eingeschleppte Art, die sich in der Natur fest etabliert hat.
An vielen Orten wird es als invasiv bezeichnet, weil es heimische Pflanzen verdrängen kann.
🌿 Heilpflanze im Himalaya
In seiner Heimat wird das Springkraut nicht als Unkraut, sondern als Heilpflanze geschätzt.
Der Saft aus Stängeln und Blättern wird dort traditionell bei Insektenstichen, Hautirritationen und Ekzemen verwendet. Er gilt als juckreizstillend, entzündungshemmend und leicht adstringierend.
Verantwortlich sind vor allem Flavonoide und Gerbstoffe, die hautberuhigend wirken können. In der Volksmedizin dient der Pflanzensaft als eine Art „grüne Soforthilfe“ bei kleinen Hautverletzungen.
Auch die bekannte Bachblüte „Impatiens“ geht auf diese Pflanze zurück – sie steht symbolisch für innere Ruhe und Geduld.
Doch Vorsicht:
Stängel und Blätter enthalten zusätzlich leicht giftige Stoffe, die früher sogar als Brechmittel genutzt wurden.
Essbar sind nur Blüten und Samen des drüsigen Springkrauts– und genau hier wird es interessant.
🌰 Essbare Samen des drüsigen Springkrauts
Die Samen aller Springkrautarten sind essbar.
Sie schmecken mild-nussig, enthalten pflanzliche Öle und wertvolle Mineralstoffe.
Frisch geerntet kannst du sie roh naschen oder leicht rösten – ihr Geschmack erinnert ein wenig an Haselnüsse oder Sonnenblumenkerne.
In meiner Küche verwende ich sie gern in einer gerösteten Samenmischung zusammen mit Brennnessel- und Malvensamen – als Topping für Salat, Joghurt oder Müsli.
Auch ein Springkraut-Gelee aus den Blüten ist möglich: Die rosa bis purpurnen Blüten verleihen dem Gelee eine wunderschöne Farbe und ein leicht blumiges Aroma.
Aber Achtung: Nur Blüten und Samen des indischen Springkrauts sind essbar.
Die grünen Pflanzenteile gelten als leicht giftig und sind für den Verzehr nicht geeignet.
🌱 Warum es „Springkraut“ heißt
Wer das Springkraut einmal beim „Schießen“ seiner Samen beobachtet hat, versteht sofort den Namen:
Die Samenträger öffnen sich explosionsartig, sobald man sie berührt, und schleudern ihre Samen bis zu sieben Meter weit.
Eine einzige Pflanze kann über 4.000 Samen bilden – die mehrere Jahre keimfähig bleiben. Dieser raffinierte Schleudermechanismus sorgt dafür, dass sich die Pflanze rasch verbreitet, vor allem entlang feuchter Ufer und Gräben.
🌾 30 Kilo Pflanze pro Quadratmeter – was passiert im Boden?
Das drüsige Springkraut wächst schnell, dicht und üppig.
In großen Beständen entsteht eine erstaunliche Biomasse – man spricht von bis zu 30 Kilogramm Pflanze pro Quadratmeter!
Was bedeutet das für den Boden?
• Das flache Wurzelsystem bindet die Erde nur oberflächlich.
• Weil die Pflanzen so dicht wachsen, gelangt kaum Licht auf den Boden – die Verdunstung sinkt, der Boden bleibt feucht wie unter einer Mulchschicht.
• Mit dem ersten Frost stirbt das Springkraut komplett ab. Zurück bleibt nackter, matschiger Boden – Erosion und Nährstoffauswaschung sind die Folge.
• Bei der Zersetzung werden große Mengen Stickstoff freigesetzt. Das fördert stickstoffliebende Arten wie Brennnesseln, während andere Pflanzen verdrängt werden.
• Auch das Bodenmikrobiom verändert sich – Pilze und Bakterien reagieren empfindlich auf den Wechsel zwischen Beschattung und Nährstoffflut.
So kann das Springkraut ganze Standorte umgestalten – von der Zusammensetzung der Pflanzen bis hin zur Bodenchemie.
🐝 Bienenfreund oder Artenkiller?
Hier liegt der größte Streitpunkt:
Einerseits ist das Springkraut eine wertvolle Nektarquelle – besonders im Spätsommer, wenn viele andere Pflanzen bereits verblüht sind.
Es produziert bis zu 40-mal mehr Nektar als manche heimische Art.
Bienen, Hummeln und Schwebfliegen profitieren davon sichtbar.
Doch bei diesen Insekten handelt es sich um sogenannte Generalisten, sie kommen mit einer Vielzahl an Pflanzen klar. Andere Insekten sind auf eine einzige oder einige wenige Pflanzenarten angewiesen, und genau diese Pflanzen könnten vom überhand nehmenden Springkraut verdrängt werden.
Andererseits wächst das Springkraut dort, wo heimische Pflanzen fehlen oder geschwächt sind – und verdrängt diese dann weiter.
Es stabilisiert Böden kaum, verändert Nährstoffkreisläufe und kann durch seine Dominanz die Artenvielfalt reduzieren.
Oft heißt es, man solle es einfach ausreißen – aber das ist nicht immer die Lösung.
Denn: Wenn man das Springkraut entfernt, bleibt häufig kahler Boden zurück, auf dem so schnell keine anderen Blühpflanzen wachsen, sodass der Boden austrocknet oder von Wasser und Wind abgetragen wird.
Das bedeutet: Quantität ist nicht gleich Qualität.
Viel Nektar hilft nicht, wenn die Vielfalt schwindet.
🌍 Ökologische Rolle – Spiegel unserer Umwelt
Das Springkraut ist kein Feind.
Es nutzt die Lücken, die wir Menschen geschaffen haben – durch Flächenversiegelung, Düngung, Monokulturen und gestörte Böden.
Es zeigt, wie empfindlich unsere Ökosysteme geworden sind.
Sein Erfolg ist auch ein Symptom:
Dort, wo Bodenverdichtung, Nährstoffüberschuss und Erosionsgefahr herrschen, fühlt sich das Springkraut besonders wohl.
Es schützt kurzfristig den Boden, aber verdrängt langfristig andere Arten – eine Pflanze, die sowohl Problem als auch Symptom ist.
🍯 Verwendung in der Küche
Wenn du das Indische Springkraut kulinarisch entdecken willst, nutze Blüten und Samen:
Rezeptidee: Geröstete Samenmischung
2 EL Samen des Indischen Springkrauts
2 EL Brennnesselsamen
2 EL Malvensamen
1 TL Olivenöl
eine Prise Salz
optional Paprikapulver oder Kurkuma
Röste die Samen in einer Pfanne, bis sie knusprig sind.
Abkühlen lassen und luftdicht lagern.
Perfekt als Snack oder Topping für Joghurt, Müsli oder Salat.
Gelee aus Springkrautblüten:
Die Blüten kurz aufkochen, abseihen, mit Zucker und Zitronensaft zu Gelee oder Sirup verarbeiten.
Das ergibt eine wunderschöne rosa Farbe und ein mild-blumiges Aroma.
🌿 Fazit: Zwischen Faszination und Verantwortung
Das Indische Springkraut ist Heilkraut, Bienenweide und Problemkraut zugleich.
Es zeigt uns, wie komplex natürliche Zusammenhänge sind – und dass wir Pflanzen nicht vorschnell in „gut“ oder „schlecht“ einteilen sollten.
Vielleicht ist das Springkraut weniger ein „Artenkiller“ als ein Spiegel unserer Landschaft –
ein Hinweis darauf, wo natürliche Vielfalt bereits aus dem Gleichgewicht geraten ist.
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4 Antworten
ich hab schon Gelee gemacht vom Springkraut -mit Zitrone Nelken u Vanilleschote – nächstesmal möchte ich es mit Tonkabohne statt der Nelke probieren
da zieht es mich gerade hin . –
wow das klingt sehr spannend! Danke für den Tipp…schmeckt das Gelee so wie das Springkraut riecht?
Die Samen schmecken jedenfalls sehr lecker, wie junge Walnüsse, nur halt winzig …. Und wer die Samen erntet tut auch was gegen die “ Invasion “
ganz genau!