Der betörende Duft der Tonkabohne
Normalerweise bin ich ja mit den heimischen Wildpflanzen beschäftigt. Da sie aber gerade
jetzt im Advent nur begrenzt zur Verfügung stehen, finde ich es legitim, über etwas
Exotischeres zu schreiben, nämlich die Tonkabohne.
Ihr Aroma ist einzigartig und man sagt ihr nicht zuletzt eine hypnotische und erotisierende
Wirkung nach…
Das mit der Dosis und dem Gift
Was die Tonkabohne so aromatisch macht, ist vor allem das enthaltene Cumarin. Es hat
einen ganz speziellen Geruch mit angenehmer Vanillenote und kommt beispielsweise auch
im Waldmeister, Mariengras und Steinklee vor. Dem Büffelgraswodka verleiht es ebenso
seinen typischen Geschmack.
Übrigens verdankt das Cumarin seinen Namen der Tonkabohne, aus der es erstmals isoliert
wurde. Diese entstammt nämlich einem Baum, der ursprünglich Coumarouna odorata
genannt wurde. Heute ist Cumarin die Gruppenbezeichnung für Pflanzenstoffe mit dem
gleichen chemischen Grundgerüst.
Da Cumarin krebserregend und leberschädigend sein kann, war sie früher in Deutschland für
die Verwendung in Lebensmitteln verboten und ist in den USA auch heute nicht erlaubt.
Wenn du die Tonkabohne in geringen Mengen verwendest, spricht aber nichts gegen die
Verwendung dieses von Gourmets hochgeschätzten Gewürzes.
Und was kannst du mit der Tonkabohne anstellen?
In herkömmlichen Rezepten eignet sie sich vor allem als Vanilleersatz. Aufgrund ihres
starken Aromas benötigst du nur ganz wenig. Am besten verwendest du eine feine Reibe,
um ein bisschen von der harten Tonkabohne in Kuchen, Pudding, Eis & Co zu reiben. Eine
elektrische Kaffeemühle eignet sich für das Pulverisieren einer größeren Menge.
Du kannst auch ganze Tonkabohnen in diversen Flüssigkeiten (Milch, Wein, Saft) mitkochen
oder einen Alkoholauszug aus ihr herstellen. In dem Fall solltest du die Oberfläche auf jeden
Fall mit einer Reibe aufrauen. Nicht zuletzt eignet sie sich hervorragend als Räucherwerk.
Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, nur zu viel sollte es nicht sein.
Als Inspiration habe ich hier zwei Rezepte zum Ausprobieren für dich.
Tonkabohnen-Räucherung
Für den Anfang empfehle ich dir, die Tonkabohne pur zu verräuchern. So kannst du ihr
Aroma am besten wahrnehmen und sie zukünftig intuitiv mit anderen Zutaten mischen.
Wichtig ist jedenfalls, die harten Samen mit einem Mörser zu zerstoßen, damit sie ihren Duft
gut entfalten können und einfacher zu handhaben sind.
Als erstes entzündest du ein Stück Räucherkohle und legst es in eine feuerfeste Schale mit
Sand. Erst wenn sie ganz durchgeglüht ist und sich an ihrer Oberfläche eine weiße
Ascheschicht bildet, kannst du dein Räucherwerk auflegen.
Salbei, Rosmarin, Rose, Sternanis, Fichtennadeln, Fichtenharz und Weihrauch harmonieren
gut mit Tonkabohne. Aber verlass dich am besten auf deine Nase und deine Intuition!
Rezept: Liebes-Glühwein
Du brauchst:
1 L Rotwein oder Traubensaft
1 TL Damiana (aphrodisierend, anregend)
½ Tonkabohne (betörender Vanilleduft)
½ TL Nelkenwurz (Liebeskraut nach Hildegard von Bingen)
1 Zimtstange (für das innere Feuer)
1 TL Eisenkraut (stärkt das Selbstbewusstsein)
½ TL Lavendel (harmonisierend und entspannend; optional: nicht jeder mag
Lavendel)
Löwenzahnhonig oder Blütenzucker nach Geschmack
So geht’s
- Rotwein oder Traubensaft zum Kochen bringe
- Kräuter und Gewürze beigeben, kurz aufkochen und über Nacht ziehen lassen
- abseihen und nochmals erwärmen
- nach Geschmack süßen
- in romantischem Ambiente genießen
Quellen:
Rudolf Hänsel, Otto Sticher: Pharmakognosie – Phytopharmazie. Springer-Verlag,
Berlin/Heidelberg 2007, ISBN 978-3-540-26508-5
Jennifer Peace Rhind: Fragrance and Wellbeing: Plant Aromatics and Their Influence on the
Psyche. Singing Dragon, 2014, ISBN 978-1-84819-090-0
Über die Autorin:
Als Wildpflanzenexpertin bringe ich naturinteressierten Menschen bei, wie sie bei uns wild wachsende Pflanzen sicher erkennen, selbstständig sammeln und in ihren Alltag integrieren können.
Mein eigenes Pflanzenwissen habe ich über 20 Jahre lang zusammengetragen, unter anderem während des Botanikstudiums an der Universität Wien, im Zuge einer 3-jährigen Fortbildung in TEM (Traditionelle Europäische Medizin) und natürlich auch viel durch Selbststudium. Wenn du dich für essbare Bäume interessierst kann ich dir Christines Wilde Bäume Challenge empfehlen!.